19. Juni 2021
Ricarda de Haas. Bildgeschichten.
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Mit dem Leben kommen zugleich alle Geräusche zurück. Töne, Sound, Musik. Die ersten Nachbarn, die live auftreten, sind Katzen. Jellicle Ball im Hinterhof.
Anders als bei Cats ist die höfische Victoria eine reinschwarze Katze. Klein, elegant, mit scharfen Krallen. Macavity ist viel netter als sein Ruf, aber er gibt sich Mühe, dass niemand das merkt. Bombalurinas Stimme, wie könnte es anders sein, ist am häufigsten zu hören. Nächtelang. Kater finden sie sehr verführerisch. Mr Mistoffelees ist neu eingezogen, aber verzaubert schon alle. Und ist vermutlich nicht binär (soweit Menschen das bei Katzen beurteilen können).
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Und Alt Deuteronomus? Schläft.
Und interessiert sich ansonsten für Hühnchen.
Alle zusammen bilden eine Compagnie.
Sie singen für sich, nicht für uns, und man hört, dass sie Spaß daran haben.
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Noch vor den Katzen sangen die Ratten.
Im Lockdown verteilten sie sich auf die Fenster,
pro Fenster eine Corona-Gemeinschaft.
Die bekannten „Interpretationen der
Kirchenchor-Top-Ten und DDR-Arbeiterkampflieder“
(O-Ton rattenbar.com) schallten durch die Höfe,
enthusiastisch, politisch
und nicht ganz synchron.
Sie probten für einen Sommer mit Live-Auftritten. Rattenbar und Rattenchor werden dieses Jahr zwanzig. Und der CSD ruft, natürlich.
Sie sangen für sich, nicht für uns, und man hörte, dass sie Spaß daran hatten.
Und doch: Hinterhof-Konzerte gehören allen, die zufällig hinhören. Sie sind der Sound eines heißen Sommers.
Bleibt nur die Frage: Wieso hat noch niemand Rats komponiert? Das queere Kiezmusical mit „Räkeldamen“, „Armdrücken“ und „Trashexzessen“. Laut, schrill, widerständig. Und selbstverständlich asynchron.
shownotes: http://rattenbar.com/rattenbar
copyright (Text and pictures) Ricarda de Haas 2021